In der Nacht auf Sonntag wurde eine 21-jährige Frau in einem Rustico in Lodrino (Tessin) ermordet. Der Täter ist ein Freier, der die Rumänin – sie war als Prostituierte tätig – zu sich nach Hause bestellt hatte.
«20 Minuten» berichtete über den Femizid und fokussierte darauf, dass der Mann auf einer schwarzen Liste für gefährliche Freier gestanden habe. Was will der Journalist damit sagen? Dass die Rumänin hätte wissen müssen, wie gewalttätig der Mann sein würde? In welchem anderen Beruf müssen Menschen bei jedem Kundenkontakt mit Gewalt rechnen?
Im Artikel werden zudem die Sicherheitsratschläge für Prostituierte der offiziellen Sexarbeit-ist-Arbeit-Fachstellen zitiert. Also beispielsweise: Teile einer Vertrauensperson mit, wo du bist. Vermeide isolierte Orte. Lass die Autotür und das Autofenster etwas offen, damit im Notfall deine Schreie gehört werden, zieh vor dem Sex deine Halskette oder Ähnliches, womit man dich erwürgen könnte, aus.
In welchem anderen Beruf erhalten Menschen von offizieller Seite Empfehlungen dafür, was sie bei der Ausübung ihrer Tätigkeit tun müssen, um nicht ermordet zu werden?
Das ist doch, als ob Frauen gesagt würde: Prostitution ist eine ganz normale Arbeit! – Aber: Vergiss nie, dafür zu sorgen, dass jemand deine Schreie hören kann.
Nein! Nicht die Frauen müssen dafür sorgen, nicht umgebracht zu werden. Es liegt in der Verantwortung der Schweiz, das Leben dieser Frauen zu schützen. Dafür braucht es jetzt endlich eine Politik, die anerkennt, dass Prostitution Gewalt an Frauen ist, und entsprechend handelt.